5 /5
Bewertung
★
★
★
★
★
Heute führt mich ein ärztlicher Besuch in die malerische Stadt Horb am Neckar, die schon immer sehr sauber war, durch eine nationale Gartenschau vor einigen Jahren und durch einen neuen Standort der dualen Hochschule Baden-Württemberg, hat aber deutlich an Präsenz gewonnen. Die meisten meiner kulinarischen Erfahrungen basieren auf Kindheits- und Jugend-Erlebnissen – daher gibt es wieder etwas zu entdecken! Der Goldene Adler ist eine Empfehlung meiner Tante, die früher in der Gastronomie gearbeitet hat. Wie mir Einheimische berichten, ist das traditionelle Haus (mit 600 Jahren Geschichte!) vor einigen Jahren durch einen technischen Defekt abgebrannt. Dass es wieder aufgebaut und geschmackvoll und ansprechend restauriert wurde, konnte ich heute selbst überzeugen. Mit seinem hohen Giebel und freundlichen roten Fensterläden fügt es sich sehr harmonisch in die Architektur der Horber Innenstadt ein. Zu Fuß erreicht man die Gaststätte in wenigen Minuten vom Bahnhof aus. Bei der Parkplatzsuche muss man etwas erfinderisch sein – aber das ist heute kein Problem. Ansonsten tut man gut daran, den großen Parkplatz an der Straßenseite zu nutzen. Seit 1872 befindet sich der Goldene Adler in den Händen der Metzgerfamilie Bareis (nicht zu verwechseln mit dem Baiersbronn Gourmet-Tempel Bareiss). Das Metzgerhandwerk spiegelt sich immer noch erfolgreich in der speziellen Gestaltung der Speisekarte wider – sei es mit Sauren Nierle, Wildbret oder einem Zwiebelbraten. Zudem gehört das Restaurant der Schmeck-den-Süd-Vereinigung an und ist dort mit zwei Löwen zertifiziert (sie stehen für regionale Rohstoffe und Produkte). Während anderswo nur Heimatküche zelebriert wird, scheint sie hier wirklich praktiziert zu werden. Unbedingt probieren muss man den Most aus eigenem, lokalem Anbau (die Wirtin würde gerne die Lage der Ausläufer erklären, die natürlich leicht gekühlt bestellt werden sollten. 3 Euro für ein Viertelliter und 3,50 Euro für ein halbes Liter Mostschonle (in einer schönen Glastrichterkaraffe serviert sind sensationell günstig. Eine angenehme Balance aus Fruchtigkeit, leichter Süße und spritziger Säure täuscht darüber hinweg, dass man schnell ein Tee nach allzu bedachten Genuss haben kann. Dafür wirkt die Weinschorle vom Gutdel (3,00 Euro für das Viertel) etwas zu wässrig. Überraschend der Trollinger mit Lemberger (4,20 Euro für das Viertel). Der Goldene Adler bietet günstige wechselnde Mittagsgerichte von hoher Qualität. Leider kann man die aktuelle Karte nicht im Internet einsehen. Wir sind erstaunt, dass der Mittagstisch auch heute genutzt wird. Das heutige Gericht ist mit unglaublichen 8,80 Euro wirklich grandios: eine riesige Portion Gulasch vom Maibock mit würziger, saftiger Sauce – dazu ein reichhaltiges, deftig geröstetes Buabaspitzle und ein vielseitiger kleiner Beilagensalat. Die Dekoration ist sparsam eingesetzt, funktioniert aber durch Kontraste in Orange und Weinrot: eine Physalis, zwei Orangen, Preiselbeeren. Geschmackvoll ein Gedicht, kaum aus der Menge zu bewältigen. Ebenfalls großartig, aber preiswert in einer anderen Kategorie, wie von der Hauptkarte: der Rehbraten mit Spätzle und Beilagensalat für 17,90 Euro. Der Braten eine Offenbarung, die sicherlich stundenlang gekocht wird, kann nur mit reichlich Beilagen aufgesogen werden. Die Spätzle sind sehr offensichtlich hausgemacht, aber nach einer Würzung mit Pfeffer und Salz gut verträglich. Wir werden freundlich und zuvorkommend bedient. Beide Damen im Service tragen natürlich ein dirndlähnliches Gewand, ohne damit auf eine geschäftige oder folkloristische Weise zu arbeiten. Hier gibt es keine langen Wartezeiten, aber man wird auch nicht alle paar Minuten gefragt, ob alles in Ordnung ist (was für mich manchmal nervig ist). Eine Kreditkartenzahlung am Tisch ist natürlich ohne Probleme möglich. Das Restaurant verfügt über zwei Gasträume, mit einem Tisch im unteren Bereich. Das Interieur ist klar strukturiert, reduziert, von nichts überladen. An der Wand eine große Stadtansicht von Horb und viele Radierungen und Miniaturen. Kleine Dachfenster bieten Einblicke in den oberen Gastraum. Große Fenster nach Süden zeigen auf einen schönen Garten und eine schöne Terrasse. Die Toiletten sind mit dem Aufzug erreichbar. Die Gaststätte verfügt zudem über 4 Einzel- und 12 Doppelzimmer. Sicherlich sehr angenehm hier zu übernachten.