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Bewertung
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wir haben schon von vielen gute Tipps vom TAGESSPIEGEL CHECKPOINT profitiert. Heute hat es uns aber erstmals richtig leid getan, dem Tipp folgend bei Frühsammers das Mittagsangebot zu probieren. Letztlich zahlten wir zu zweit fast 60,- € (ohne andere Getränke als das angebotene Leitungswasser, das etwas kleinkariert mit einem "Wassergeld" berechnet wird) und verließen das Restaurant mit dem aus Mensazeiten bekannten Gefühl, jetzt erstmal etwas "richtiges" essen zu müssen.Da ich unter einer Zöliakie leide und strikt glutenfrei essen muß, fragen wir immer bei der Reservierung nach, ob das ein Problem darstelle und erfuhren in diesem Fall, daß man darauf natürlich eingestellt sei, also kein Problem.Real bedauerte man dann, leider kein glutenfreies Brot zu haben, dafür habe die Zeit nicht gereicht (bei über zwei Stunden Vorlauf), man kaufe sonst Aramanthbrot im Reformhaus. Das hält sich verpackt mehrere Monate, eignet sich auch nicht besonders als Begleitung für die mit Brot angebotenen Speisen. Viele Köche, die etwas auf sich halten, haben längst sehr schmackhaftes selbstgebackenes glutenfreies Brot im Tiefkühlschrank, oder sagen wenigstens bei der Reservierung, daß sie es nicht haben. Schmackhaftes glutenfreies Pfannenbrot können meine Freunde in kürzester Zeit herstellen.Eine ganze Speisekartenseite Sardinen in leichten Variationen wurden warm empfohlen, kamen originalverpackt auf den Tisch und mußten dann unbearbeitet aus der immerhin vom Kellner am Tisch geöffneten Konservendose zu einem kleinen Salat gegessen werden, was sich wenig genüßlich gestaltete, weil die Sardinen aus ihrer sprichwörtlichen Enge schwierig appetitlich zu befreien waren. Das dazu servierte Brot war gut, hätte von mir aber eben nicht gegessen werden können. Daher bestellte ich mir eine Lauchsuppe mit Lammleber zu einem Preis, für den ich mittags in Berlin an vielen Stellen ein leckeres Zweigängemenü mit Espresso bekomme. Die Suppe war dann eine Suppe, die Leber über den Punkt.Bei den Hauptgängen fand sich nur ein glutenfreies Gericht, Hähnchenbrust mit Reis und Süßkartoffeln, Kommentar des Kellners, wir können bei den anderen Gerichten ja das Glutenhaltige weglassen. Königsberger Klopse? Schupfnudeln? Brot? Weglassen und den Rest servieren? Oder vielleicht Resteteller mit dann kostenfreiem Leitungswasser? In sehr viel schlichteren Lokalen wird freundlich gefragt, ob man gerne ersatzweise...und dann folgen Vorschläge, bei denen ich mich als Gast fühlen kann und nicht wie ein mäkelndes Kind.Also bestellte ich die Hühnerbrust. Kaum Gewürze, Reis (wie?) aus dem im Wasser vergessenen Kochbeutel, lieblos angerichtet, einzige Farbe einige Brocken Süßkartoffeln mit Naturgeschmack. Dieses Essen wäre bei der Küchenschlacht im ZDF nicht in die nächste Runde gekommen.Fazit: für 60,- € haben wir auch schon abends zu zweit durchaus lecker und genüßlich gegessen. Mittags haben wir in Berlin noch nie zu solchem Preis so wenig vergnüglich gegessen. Meine etwas glutenlastige Kritik bezieht sich durchaus nicht nur auf diese Problematik, die in anderen Restaurants keine Rolle spielt, sondern eher auf den daran meßbaren geringen Wunsch, daß der Gast sich wohlfühlen solle ( und nicht aus dem Blechnapf.....) Daß mittags auch gehobene Küche preiswert serviert werden kann, beweist z.B. seit langem das Hyatt am Potsdamer Platz.So, und nun freuen wir uns auf das nächste Tsp Genußessen und auf die zahlreichen richtig guten Berliner Mittagstische! Oder kochen selber ohne Stern besser als das, was uns heute Mittag angeboten wurde...