3 /5
Bewertung
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feinurig am see Gleißend tanzten irrlichternd Sonnenreflexe auf kleinen Kräuselwellen im bayerischen Meere, gerade so, als ob in vierzehn Tagen Ostern wäre. Auch die Vögel sangen, als hätten sie vergessen, dass gerade noch die Heiligen Dreikönige ihr C+M+B an die Türstöcke der Häuser gekreidet haben. Ich stand im winterschläfrigen Uferbiergarten des Unterwirts und freute mich auch schon auf die Tage, an denen hier Sonnenuntergänge jede Maß beinahe heilig werden lassen. Bierliebhabern können da schon die Tränen kommen. Vom Gegenlicht natürlich, denn bayerische Männer heulen nicht! Eher schon kerndlgefütterte Bräute, weil die Hochzeit im festlich gedeckten Saal gar so romantisch daherkommt. Nach wie vor ist es die Domäne der agilen Wirtin, die ein ganz geschicktes Händchen beim Dekorieren zeigt, den Turtlern ein Ambiente zu bieten, das die beiden ein Leben lang nicht vergessen. Man muss aber nicht unbedingt im Hafen der Ehe stranden, um Barbara Sailers Lust zu bewundern, das kann man auch im Restaurant und in den gemütlichen Stuben. Ich liebe es vielleicht etwas zurückhaltender, aber die Mehrheit fühlt sich kuschelig und das entscheidet. Da sich ihr guter Geschmack schon mit der beispielhaft gestalteten Speisenkarte zeigt, stehe ich voll hinter der feschen, jugendlichen Wirtin und ihren attraktiven Lüsten. Natürlich hat sie auch einen Mann, einen entsprechenden. Den habe ich aber im letzten Band so hochgejubelt, dass ich mich dieses Mal etwas einbremsen werde. Trotzdem vorneweg ein Wort zu den Preisen: Da ich Karten aus der guten alten Marklzeit (Träne) besitze, konnte ich mit Erstaunen feststellen, dass der Unterwirt in seinem krachert rosarostrotfarbenen Anwesen das kann keiner übersehen, der vorbei fährt bei seinen Leisten blieb, obwohl er kein Schuster, sondern ein gelernter Metzger ist. Zur Bayerischen Brotsuppe mit Speckwürfeln und aufg'schmolzne Brezenstückerl drin (3,00 EUR): liest sich sehr romantisch, omahaft, ist es aber nur fast, denn es war nix aufg'schmolzn. Erwischt! Gerade das Anrösten der Brezenscheiben gibt diesem ehemaligen Armeleuteessen den ganz besonderen Pfiff. Bei einem meiner Testklassiker mussten die Männer in der Küche auch etwas Federn lassen, denn die Geschmorte Ochsenroulade mit Rotwein-Sauerrahmsoße, dazu Blaukraut und Hausmachernudeln (9,80 EUR) gab es auf der fränkischen Hallburg fleischig mürber und mit intensiveren, dunkleren Soßen. Allerdings muss ich berichten, dass die fein gefüllte, riesige Genießerrolle die Kraft für eine Nordicwal-kingumrundung des Chiemsees geliefert hätte. Gut gefiel mir auch das Tagesmenü für 15,20 EUR, aus dem ich die geschnetzelte Gänseleber mit Madeirasoße im Reisrand versuchte. Prima, dass ein Wirt solche Urgerichte, sicher für Liebhaber, noch auf seine Karte setzt. Vom Preis für die drei Gerichte ganz zu schweigen. Aber dieses Thema hatten wir ja schon. Barbara Sailer meint, dass Gastronomie eine Show sei. Dem kann ich aber nur zustimmen, wenn sie den Einfallsreichtum auf den Tellern mit einbezieht! Dann ist sie und Sie eine richtige Schau sogar!