Seit Jahren scheiterten meine Versuche, auf der Schillerhöhe zu essen – aus den unterschiedlichsten Gründen: entweder Ruhetag oder Mittagspause, entweder wegen Überfüllung oder leider wegen der Corona-Verriegelung und wegen mangelndem Personal geschlossen. Das Restaurant ist so einladend an der prominentesten Stelle in Marbach, dass Sie einfach das Bedürfnis, zurückzukehren fühlen. Entweder nach einem Besuch im Literaturmuseum der Moderne oder im Deutschen Literaturarchiv oder nach einem Spaziergang auf dem ehrwürdigen Hügel oder auch nach einer Halskreuzfahrt. Besonders die Terrasse mit einem einzigartigen Blick von oben auf das Neckartal. Nun hat sich eindeutig eine Chance ergeben, und dies kann nicht einmal darauf zurückzuführen sein, dass der Platz seit mehreren Monaten unter neuer Führung war. Nach 13 Jahren hat die Pächter-Ehe Paar Jäger (die auch zu einer kleinen Umbenennung des Restaurants und einer neuen Domäne für die Homepage geführt hat), aber der Seitenbonus bleibt auch unter der Ägide von Simone und Patrick Dietrich unverändert. Mein vorheriger Ruhestand im Jahr 1937, “weil das Restaurant ist praktisch Teil des Rathauses”. Dieser Umstand kommt an den diesjährigen „Wein-Lesetagen“ zu tragen, einer herrlichen Veranstaltung mit Weinverkostung, geführten Touren, Musikaufführungen auf der Schillerhöhe. Und da das Trinken auf einem nüchternen Magen nicht so gut kommt, bietet das Restaurant die kulinarische Basis. Wahrscheinlich nicht 1 bis 1 mit den üblichen Gerichten, sondern mit einem leicht modifizierten, öffentlich zugänglichen, herzhaften, weinbelassenen Angebot. Und das bedeutet an diesem ersten Märzwochenende: geschmolzene Maultiere, Schweineschnitzel, Kartoffelsalat, Schweizer Wurstsalat, Landjäger mit Brot, Salat mit Falafel oder Teigsäcke, Focaccia etc. Wenn Sie einen Platz bekommen, können Sie es schätzen. Das Weinangebot der umliegenden Weinbauern aus Marbach oder dem Bottwartal ist großartig. Das Lebensmittelangebot harmoniert perfekt. Wir sind begeistert von den geschmolzenen Maultieren mit Kartoffelsalat (Anordnung mit 1 Mundtasche 11,50 Euro/ mit 2 Mundtaschen 15,50 Euro). Die mächtigen Schläge werden mit Schlag gefüllt (genau im richtigen Mischungsverhältnis von Brühe, Spinat und Grün), auf einer würzigen Bratensoße liegen und durch ein Topping von geklonten Zwiebeln gekrönt werden. Großartig! Es gibt Kartoffelsalate, die auch einzeln auf Anfrage für 4,50 Euro bestellt werden können. Schließlich noch einmal nach meinem Geschmack: als Grundlage eine geeignete Kartoffelsorte, sehr lecker, mit enormer Brühe gegossen und ohne sonst oft dominante maggi Untertone. Am zweiten Tag bekommen wir zusätzliches Brot, um die Rückstände aufzutragen. Der herzhafte Wurstsalat (10,50 Euro) glänzt auch durch eine aromatische Dressur und ist mit einer Menge frischen grünen und kraftvollen, sauren Gewürzgurkenscheiben bestäubt. Ein Blick auf das reguläre Menü des Schillerhöhe-Restaurants zeigt, dass viele der heute angebotenen Gerichte auch im regulären Betrieb zu ähnlichen Preisen erhältlich sind, sowie ein täglich wechselnder Mittagstisch für 12,00 Euro. In der aktuellen Woche, zum Beispiel, erhalten Sie eine Schweineschnitzerei mit Röst- oder getränkten Maultieren mit Ei und Kartoffelsalat. Ein weiterer Start wäre daher definitiv lohnend. Das Servicepersonal ist flink, sehr anstrengend und sehr freundlich – und das auch unter stressigen, geschärften Bedingungen wie dieses Wochenende. Wie 1937 im Ruhestand, befinden sich zahlreiche Parkplätze auf dem Platz zwischen Literaturmuseum und Deutsches Literaturmuseum. Ich kann nicht sagen, ob sie frei sind. Weil es ein ganz besonderes Vergnügen ist, mit Öffis oder sogar dem Schiff nach Marbach zu reisen – nicht nur zu Zeiten der Weinbereitung.
